Autor: Hartmut Geißler
Von 887 bis 899 herrschte im Ostfrankereich König Arnolf, ein Enkel Ludwigs des Deutschen (von 896 bis 899 auch "Kaiser"). Von ihm sind drei Urkunden, die Ingelheim betreffen, überliefert:
1. Am 21. November 889 wurde dem Bistum Würzburg in einer Frankfurter Urkunde Arnolfs der Zehnte von St. Remigius in Ingelheim und einiger anderer Kirchen bestätigt, und zwar nach den von Karl dem Großen, Ludwig dem Frommen und Ludwig dem Deutschen verliehenen Urkunden.
("basilicam in villa Neristein (Nierstein) in honore sanctae Mariae et aeclesiam in villa Ingulunheim in honore sancti Remigii et aeclesiam in villa Crucinaha (Kreuznach) dicatam in honore sancti Martyni" … die Basilika im Hofgut Nierstein zu Ehren der hl. Maria und die Kirche im Hofgut Ingelheim zu Ehren des hl. Remigius und die Kirche im Hofgut Kreuznach, die zu Ehren des hl. Martin geweiht ist...)
Ortsbezeichnung im Text: "in villa Ingulunheim" - im Hofgut Ingelheim
und im Eschatokoll: "actum ad Franchonofurt" - verhandelt in Frankfurt
2. Am 11. Februar 893 … „schenkt (Arnolf) dem Kloster St. Maximin zu Trier auf Bitte seines lieben Erzbischofs Hatho 20 genannte Orte … sammt einer Kapelle zu Mainz für den Lebensbedarf der Brüder mit der Bestimmung, dass sie davon weder dem König noch dem Inhaber der Abtei einen Dienst ausser den üblichen Geschenken zu leisten haben und berechtigt sie, einen eigenen Verwalter (super ipsas res prepositum) zu bestellen und, wenn er sein Amt schlecht erfülle, abzusetzen ...” (Regesta Imperii, 1882)
Ihr Eschatokoll lautet: "actum Ingilinheim curte regali" - verhandelt in Ingelheim am Königshof.
Vom 21. Juni (897) stammt wahrscheinlich eine dritte Urkunde, in der Arnolf allen Großen verbietet, die Vasallen des Abtes von Korvei zur Heerfahrt oder anderen Leistungen zu zwingen (MGH DD Arn. Nr. 155, S. 236).
Deren Eschatokoll nennt als Ort "ad Ingulunheim".
In der ersten Urkunde wurde also Ingelheim als Ort der Kirche "villa" genannt, während der Ort der Verhandlung nur mit dem Ortsnamen Frankfurt ohne weiteren Zusatz angegeben wurde. In der zweiten wurde Ingelheim als Ort der Verhandlung mit "curtis regalis" bezeichnet und in der dritten wiederum der bloße Ortsname verwendet, aber nirgendwo "palatium".
In der Tat schwanken die Eschatokolle aller 176 erhaltenen Urkunden Arnolfs in der Edition von Kehl 1940 (MGH DD Arn) bei der Form der Ortsangaben prinzipiell zwischen drei Versionen:
a) mit "palatio regio/regali/nostro"
b) mit "curte regali/regia/dominicali"
c) nur mit dem Ortsnamen (zu 83%!)
d) Außerdem kommen noch Sonderformen vor wie "actum ad monasterium sancti Floriani martiris Christi" - verhandelt im Kloster Sankt Florian oder "actum iuxta Mosam fluvium" - verhandelt neben dem Fluss Maas. Und bei einer ungeschickten Fälschung: "actum Forcheim coram multis principibus" - verhandelt in Forchheim vor vielen Fürsten.
Es wird zwar "palatium" bei den relativ meisten Frankfurter Eschatokollen verwendet (insgesamt aber nur bei 5 von 31), jedoch kann man nicht daraus folgern, dass diese von Arnolf am meisten benutzte Pfalz allein als "Palatium" angesehen wurde, denn diese Bezeichnung kommt auch je einmal bei Forchheim und bei Regensburg vor, während die Mehrzahl der Frankfurter Urkunden nur den Ortsnamen (18) verwendet oder aber Frankfurt als "curtis regia" (8 von 31, also mehr als bei palatium) bezeichnet. Palatium wird außerdem noch einmal bei der Verteilung von Abgaben verwendet, dass nämlich die Hälfte an die Staatskasse fließen sollte ("medietatem camerae palatii nostri" - die Hälfte an die Finanzkammer unseres Hofes, Nr. 140, S. 211), also institutionell, nicht als Gebäude. Es ist zu vermuten, dass die Form der Eschatokolle von den zufällig benutzten Vorlagen abhing.
Gs, erstmals: 27.04.21; Stand: 07.11.21