Autor und Foto: Hartmut Geißler
An der Bahnhofstraße steht neben dem prächtigen alten kaiserlichen Postamt von Ober-Ingelheim ein Spitzkegelturm. Nach unten schließen sich Mauerreste an. Die Erbauungszeit der Mauer lässt sich nach Hundhausen durch eine bestimmte Schießschartenform (für Armbrustschützen) zeitlich einordnen: eine kurze Schlitzscharte mit fischschwanzartig abgesenktem Fuß, deren Form auf eine Entstehung im 14. Jh. hinweist (siehe übernächstes Bild).
Von hier aus gibt es einen schönen Spazierweg an den Mauerresten entlang bis hinab zur Mühlstraße.
Ähnlich wie die Türme in der Burgunderstraße und im Unteren Zwerchweg wurde dieser Bau als runder Vorlageturm mit einem spitzen, gemauerten Steindach errichtet. Durch erhaltene Balkenreste ist er datierbar auf ca. 1473. Er wurde damals vor eine ältere Mauer "gelegt" und stand wie üblich im Graben davor. Sein Fuß lag zur Erbauungszeit deshalb tiefer als heute. Im Inneren hat er heute eine Wendeltreppe an der Außenmauer, was man auch aus der Position der späteren Fenster schließen kann, offenbar die übliche Methode, einen ehemaligen Wehrmauerturm zu zivilen Zwecken benutzbar zu machen. Er gehört der Stadt Ingelheim, die ihn verpachtet hat.
Der Graben wurde wohl im 19. Jh. zugeschüttet und ist heute nicht mehr zu sehen. Mauer und Graben verliefen von hier hinab nach Westen und bogen auf Höhe der Mühlstraße nach Süden um in Richtung Hammergässer Tor und oberes Altegässer Tor.
An dieser Stelle wurde die Wehrmauer beim Bau der Bahnhofstraße abgetragen, weil sie von der neuen Straße durchschnitten wurde. Auf der anderen Seite der Straße führt ein kleiner Fußweg an Mauerresten entlang hinauf zum Rinderbacher Tor.