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"Eine Kirche für Sporkenheim"


Autor: Alois Mehlig, der Spender der Bank am Rastplatz
veröffentlicht in: Heimat am Mittelrhein, 57. Jg., Nr. 4, AZ vom 24.07.2012

Herr Mehlig war lange für die Finanzen dieser Kirche zuständig und hat den Artikel auf der Basis vieler erhaltener Rechnungen geschrieben. Mit seinem Einverständnis veröffentlichen wir hier den Text auszugsweise.

"Schon bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges regte der Geistliche Rat Wilhelm Weil, Pfarrer in St. Remigius Nieder-Ingelheim, den Bau einer Kirche in Sporkenheim an. Nach anfänglichen Bedenken der Sporkenheimer wuchs allmählich der Wunsch nach einer Verwirklichung des Gedankens. Doch woher das viele Geld nehmen? Auch die Frage nach einem geeigneten Grundstück war völlig offen. Nachdem sich die Familie Karl Lang und Johann Simon bereit erklärt hatten, ein geeignetes Grundstück kostenlos zur Verfügung zu stellen, wurde der Plan immer konkreter. In einer Versammlung in der Gaststätte von Franz Köhler wurde der Beschluss gefasst, eine Kirche zu errichten.

Um einen Grundstock für den Bau zu bekommen, wurde in Sporkenheim eine Sammlung durchgeführt. Das Ergebnis waren stolze 23000 Reichsmark.

Noch im gleichen Jahr 1945 kam es zu ersten Gesprächen mit dem Bischöflichen Ordinariat in Mainz. Doch dort hatte man erhebliche Zweifel an der Verwirklichung eines solchen Vorhabens, sollte es doch der erste Neubau einer Kirche in der Diözese Mainz nach dem Krieg sein. Die Verantwortlichen in Mainz hätte lieber das gesammelte Geld für den Wiederaufbau der zerstörten Kirchen in Mainz verwendet. Nachdem auf die Anfrage der Sporkenheimer überhaupt keine Reaktion erfolgte, vereinbarten Josef Müller und Gottfried Fetzer ein Gespräch mit dem zuständigen Dezernat. Bei diesem Gespräch kam es doch noch zu einer Einwilligung zum Neubau.

Nun mussten die notariellen Verträge zum Erwerb der Grundstücke geschlossen und die Baugenehmigung eingeholt werden.

Anfang 1946 wurde der Architekt Hugo Becker aus Mainz mit der Planung beauftragt. Nach noch vorhandenen Rechnungen wurde schon im April 1946 Kies und Rheinsand von der Firma Fuchs in Bingen und im Juli 1946 Maurerkalk von der Firma Wandersleben in Stromberg beschafft. Für die Erstellung des Mauerwerkes entschloss man sich zu Sandsteinen aus dem Natursteinbruch Schmitt in Flonheim. Diese wurden im Spätsommer 1946 per Bahn von Flonheim nach Gau-Algesheim verfrachtet. Von dort mussten sie mit Pferdegespannen der Sporkenheimer Bauern zur Baustelle gebracht werden. Die Einteilung dafür ging von Haus zu Haus der Reihe nach unter erheblichem Einsatz von Mensch und Vieh. Denn insgesamt waren es nach vorliegenden Unterlagen 14 Waggons mit rund 140 Tonnen. Die schon fertig zugehauenen Steine für Fenster, Türen und Altar wurden von Franz Bockius aus Frei-Weinheim per Lieferwagen in Flonheim abgeholt.

Am 10. November 1946 erfolgte in Anwesenheit von Domkapitular Moser die Grundsteinlegung. Dieser Grundstein ist in der Kirche links im Chorraum eingemauert mit den Reliquien der hl. Märtyrer Diodorus, Jucundus und Castor. Die Urkunde für die Grundsteinlegung fertigte die Firma Wermann, Ingelheim, an. Mit den Maurerarbeiten wurde die Firma Eich aus Frei-Weinheim beauftragt...

Die Zimmer- und Holzarbeiten wurden von der Firma Heinrich Rausch aus Gaulsheim ausgeführt. Der Schiefer zum Eindecken des Daches kam aus Bundenbach im Hunsrück. Auch diese Fahrten erledigte Franz Bockius. Das Bauholz beschaffte die Firma Nichtern aus Ingelheim. Nach den vorhandenen Unterlagenwaren es 17,549 Kubikmeter.

Da in den Jahren nach dem Krieg Essen und Trinken wichtiger waren als bares Geld, wurde den Arbeitern vormittags von Sporkenheimern ein Frühstück gebracht. Zum Mittagessen wurden sie ebenfalls wechselnd in Sporkenheimer Familien eingeladen. Auch den Geschäftsleuten waren zu dieser Zeit neben barem Geld Naturalien willkommen. Da wurde auch schon mal das eine oder andere Ferkel eingetauscht. Da Geschäftsleute, Handwerker und Arbeiter ständig im Hause Müller zu Gast waren, kam es in diesen Jahren kaum zum Verkauf beziehungsweise zur Abgabe von Wein. Hinsichtlich der regulären Abwicklung der Weinabgabe zeigte sich das Landwirtschaftsamt der Stadt Ingelheim recht großzügig.

Vom 9. Dezember 1948 liegt eine Rechnung über 2150 RM von einem Architekten Bunders aus Mainz für den Entwurf und die Mithilfe beim Einbau der zehn Kirchenfenster vor. Im Oktober 1948 wurde von der Firma Schmitt, Flonheim, die Altarplatte geliefert und eingebaut. Die Bodenplatten lieferten und verlegte die Firma Pfeiffer aus Finthen. Sie installierte auch die beiden Weihwasserkessel am Eingang zur Kirche. Dafür liegt uns eine Rechnung über 2066 RM vor. Tabernakel und sechs Leuchter lieferte die Firma Merkert im Oktober 1949. Vier Apostelleuchter wurden von der Firma Tusar aus Mainz bezogen. Die Kirchenbänke, den Beichtstuhl und die Eingangstüren fertigte die Firma Rausch aus Gaulsheim an.

Zum Einbau einer Heizung reichte das Geld nicht mehr. So wurde hinten in der Kirche ein Kohlenofen aufgestellt. Tatsächlich kam es einmal während des Gottesdienstes zu einer Verpuffung, wobei es etlichen Kirchenbesuchern regelrecht schlecht wurde. Erst 1957 wurde eine elektrische Bankheizung eingebaut.

Die Einweihung (Konsekration) der Kirche erfolgte am 23.0ktober 1949 durch den Mainzer Bischof Albert Stohr persönlich. Das hatte er den Sporkenheimern so versprochen. Das Patronat der Kirche lautet: „Hl. Herz Mariä“. Die Glocke stifteten die Prinzessinnen Solms aus Ingelheim. Gegossen wurde diese Glocke 1880 von Andreas Hamm aus Frankenthal. Diese Glocke trägt unter anderem die Inschrift „Freiherr von Erlanger-Bernus“...

Im Jahre 1965 wurde an der Ostseite der Kirche eine Sakristei angebaut. Bis dahin stand der Altar erhöht im hinteren Bereich des Chores. Die Kreuzigungsgruppe war auf den Altar aufgebaut. Der Priester stand zu dieser Zeit noch mit dem Rücken zum Volk. Hinter dem Altar, abgetrennt durch einen Vorhang, war der Umkleideraum für Pfarrer und Messdiener. Nach einem Entwurf des Bildhauers Adam Winter aus Mainz-Kastel erstellten dessen Tochter und Schwiegersohn, die Künstler Solgar-Winter, eine Kreuzigungsgruppe aus Terrakotta. Sie stellt Jesus am Kreuz dar mit seiner Mutter und dem Lieblingsjünger Johannes. Für die Nischen, rechts und links im Altarraum, erstellten die gleichen Künstler zwei Statuen, das Hl. Herz Mariä und Herz Jesu, Diese Kreuzigungsgruppe und die Statuen wurden von der Familie Karl Lang gestiftet.

Die neu erbaute Sakristei wurde am 12. August 1965 in Betrieb genommen. Das zum Anbau der Sakristei erforderliche Grundstück wurde von Elisabeth Köhler erworben, zum Preis von 750 DM.

Ein Harmonium wurde im Jahr 1962 zum Preis von 2.700 DM gekauft. Dieses Harmonium wurde durch die Anschaffung einer Orgel von der Firma Oberlinger in Windesheim ersetzt. Dieses Instrument ist eine sogenannte Jubiläumsorgel mit elf Registern und zwei Manualen. Zu dem Gesamtpreis der Orgel von rund 185.000 DM gab die Diözese einen Zuschuss von 30.000 DM. 20.000 DM konnten aus dem ordentlichen Haushalt der Pfarrei beglichen werden. Etwa 30.000 DM flossen aus Spenden außerhalb der Pfarrgemeinde. Den Restbetrag von rund 105.000 DM erbrachten die Mitglieder der Pfarrgemeinde, wobei fast die Hälfte eine Einzelspende der Organistin Maria Müller war.

In den Jahren 1985/86 wurde der Altarraum neu gestaltet. Der alte, aus Flonheimer Steinen erbaute Altar wurde verkleinert und in die Mitte des Chores gerückt. Aus dem gleichen Material wurden eine Tabernakelsäule und ein Lesepult erstellt. Die Kosten für diese Umgestaltung beliefen sich auf fast 100.000 DM, von denen jedoch das Bistum Mainz den größten Anteil übernahm. Die Altarweihe nach der Um- und Neugestaltung vollzog am 30. Oktober 1986 der Mainzer Generalvikar Martin Luley in einem feierlichen Hochamt.

Für Außen- und Innenarbeiten wurden in den 90er Jahren noch einmal rund 80.000 DM investiert. Als letzte Maßnahme wurde im März 2009 über dem Eingangsbereich der Kirche eine Marienstatue aus Terrakotta aufgestellt. Im Jahr 2011 wurde die im Chorraum hinter dem Altar befindliche Heizung erneuert, die nun über eine moderne, computergesteuerte Anlage betrieben wird.

Als nächste größere Bauleistung wird über kurz oder lang die Neueindeckung des Kirchendaches anstehen, denn das schiefergedeckte Dach muss ständig überwacht und ausgebessert werden."

Nachtrag Geißler (nach Informationen des Alt-Oberbürgermeisters Anno Vey und einer Glockeninspektion am 31.10.12):

Die erwähnte Glocke hat Baron von Erlanger für sich privat gießen lassen, um die Arbeiter auf seinem großen Besitz, der von der Remigiuskirche bis zum Rhein reichte, besser über die Uhrzeiten informieren zu können. Sie war also ursprünglich nicht für eine Kirche gedacht, sondern bei der Villa Carolina aufgehängt. Als seine Erben, die Prinzessinnen zu Solms-Braunsfels, Mathilde (1894–1962) und Friederike (1896–1954), nach dem Zweiten Weltkrieg keine Verwendung mehr dafür hatten, spendeten sie die Glocke für die Sporkenheimer Kirche.

Sie trägt die Inschrift:

"Wilhelm Freiherr von Erlanger - Bernus 1880 Nieder-Ingelheim
Gegossen von Andreas Hamm Frankenthal / Giesser der Kölner Kaiserglocke"

 

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Gs, erstmals: 02.08.12; Stand: 12.01.21