Zusammengestellt von Hartmut Geißler
unter Mithilfe von André Madaus 2017
aus: "Mainz. Die Geschichte der Stadt, hrsg. im Auftr. der Stadt Mainz von Franz Dumont" ... - Mainz am Rhein: von Zabern, 1998, S. 39 ff. und "Die Römer in Rheinland-Pfalz", hrsg. von Heinz Cüppers, Stuttgart: Theiss, 1990 _____________________________________________________________________________
1. Jh. n. Chr.: unruhige Zeiten
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ca. 13 vor Chr.: die 14. Legion ("Gemina") und die 16. Legion ("Gallica") beziehen Quartier in Mainz und unterdrücken sicherlich jeden u. U. aufkommenden Widerstand der ortsansässigen Kelten, wovon allerdings auch nichts bekannt ist
9 nach Chr.: wegen der Varus-Niederlage kommen noch zwei weitere Legionen dazu: die 2. ("Augusta") und die 13. ("Gemina"); sie wurden 17. n. Chr. wieder abgezogen. Zeitweise kam noch die 4. Legion ("Macedonica") hinzu.
21. n. Chr.: ein Aufstand der Treverer (Entmachtung, Steuern, Abgaben) wird niedergeschlagen
37/38 n. Chr.: Truppen werden zur Vorbereitung eines beabsichtigten Germanenfeldzuges verstärkt
ca. 50 - 54 n.Chr.: Strafaktion gegen Räuberbanden der Chatten rechts des Rheines, zusammen mit keltischen Hilfstruppen der Vangionen und Nemeter südlich von Mainz (vielleicht z.T. auch aus dem Ingelheimer Raum?)
68 - 70 n. Chr.: Beteiligung von Mainzer Truppen am Aufstand gegen Kaiser Nero und, nach dessen Tod, gegen Galba; Durchzug von niederrheinischen Truppen und Abmarsch der vereinigten Truppen unter Vitellius nach Italien; germanische Chatten, Usipeter und Mattiacer versuchen unterdessen einen Raubzug über den Rhein nach Mainz. Im August 69 n. Chr. erheben sich mehrere germanische Stämme gegen Rom, es kommt zum so genannten Bataveraufstand. Verschiedene Truppenteile ziehen durch unsere Region, auch Truppen der Treverer beteiligen sich an den Kämpfen. Eine der entscheidenden Schlachten findet laut Tacitus nahe Bingen statt. Der Aufstand wird im Juli 70 n. Chr. endgültig niedergeschlagen.
83 - 85 n. Chr.: Krieg gegen die Chatten, die immer wieder linksrheinisches Gebiet bedroht hatten; dazu marschieren auch Truppen aus Britannien - wahrscheinlich durch den Ingelheimer Raum - nach Mainz
88/89 n. Chr.: Von Mainz aus erhebt sich der Statthalter Lucius Antonius Saturninus gegen Kaiser Domitian, scheitert jedoch schon nach 42 Tagen.
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2. Jh. n. Chr.: lange Friedensepoche
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3. und 4. Jh..:Wirtschaftskrise, "Soldatenkaiser", Bürgerkriege:
zunehmende Grenzgefährdung, Zusammenbruch des Limes, Ummauerung der Städte, Bevölkerungsabnahme auf dem Lande
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235 n. Chr.: Kaiser Severus Alexander wird zusammen mit seiner Mutter durch meuternde Truppen in Mainz-Bretzenheim (?) ermordet.
Mitte 3. Jh.: Zusammenbruch des süddeutschen Limes, der Rhein wird wieder Grenze, Mainz umgibt sich hastig mit einer Stadtmauer zum Schutz gegen Germanenüberfälle, die Landbevölkerung sucht ebenfalls den Schutz der ummauerten Städte; die Verödung des Landes beginnt, was wohl auch den Ingelheimer Raum betrifft
257 n. Chr.: "Franken" ziehen raubend durch ganz Gallien bis nach Nordspanien, zerstören dort Tarragona (!)
270-275 n. Chr.: Kaiser Aurelian besiegt "Franken", die nach Gallien eingefallen waren.
275/276 n. Chr.: Flächendeckend durchstreifen erneut "Franken" und "Alamannen"das ganze Land (60 bis 70 eroberte Städte, u.a. Speyer, Trier); Einfälle erfolgen über die Straße Mainz-Trier-Reims, also durch Ingelheim hindurch; erst 281 ist die Rheingrenze wieder gesichert
286 n. Chr.: Einfall von "Alamannen" und "Burgunden" ins Reichsgebiet, durch Maximianus Herculius im Hinterland von Mainz ausgehungert
289 - 305 n. Chr.: Die Verwaltungs- und Militärreform Diocletians führt zu einer zunehmenden finanziellen Belastung der Zivilbevölkerung.
Beginn 4. Jh.: immer wieder Franken- und Alamanneneinfälle am Rhein, zudem häufige innerromanische Bürgerkriege
Wegen des Bevölkerungsrückganges in Nordgallien werden Germanen als Verbündete angesiedelt (Laeti), auch im Gebiet der Treverer; im Hunsrück werden Sarmaten (iranische Nomaden aus dem heutigen Russland) angesiedelt, die Palastvilla in Bad Kreuznach wird im 4. Jh. in eine Kleinfestung umgebaut.
352/353 n. Chr.: Im Zusammenhang mit einem Bürgerkrieg zwischen dem fränkichen (?) Usurpator Magnus Magnentius und dem Kaiser Constantius II. (351-353) wurde ein breiter Gebietsstreifen vom Rhein bis Nahe und Saar, von Basel bis Bingen (incl. Ingelheim!), durch Alamannen unter Chnodomar erobert und für sieben Jahre der römischen Kontrolle entzogen; Mainz scheint damals geplündert und stark zerstört worden zu sein. Wie es zu dieser Zeit im Ingelheimer Raum ausgesehen hat, kann man sich noch nicht einmal vorstellen. Die Besitzer der römischen Landgüter dürften jedenfalls geflohen sein oder sie wurden ermordet. Ammianus Marcellinus (16,2,12) berichtete, dass die "Barbaren" Straßburg, Brumat, Zabern, Selz (Elsass), Speyer, Worms und Mainz besetzt und sich in deren Umland - also wohl auch Ingelheim - angesiedelt hätten. - "Franken" erobern das gesamte Niederrheingebiet mit Köln, das 355 auch zerstört wurde.
356 n. Chr.: Der spätere Kaiser Iulian zieht durch das zerstörte Ober- und Mittelrheingebiet (also auch durch Ingelheim) nach Köln und erobert es zurück; im Winterquartier bei Trier wird er erfolglos von Alamannen belagert.
357 n. Chr.: Iulian schlägt die Alamannen bei Straßburg, nimmt Chnodomar gefangen, zieht weiter zum Main und überschreitet mit neu ausgehobenen Soldaten den Rhein; weitere Kämpfe auf dem rechtsrheinischen Ufer; römische Waffen und Nachschub werden knapp, die restlichen römischen Truppen in Gallien sind kampfunfähig und demoralisiert.
359 n. Chr.: erneuter Rheinübergang Iulians zum Schutze der Rheinbrücke; wegen akuten Getreidemangels (linksrheinisch), aufgrund der dauernden Kämpfe, muss Getreide sogar per Schiff aus Britannien herbeigeschafft werden (Rückschluss auf den Zustand des Ingelheimer Raums, in dem offenbar kein Überschussgetreide mehr produziert werden konnte!); 20.000 (?) Kriegsgefangene können durch Verträge befreit werden (wahrscheinlich verschleppte Zivilbevölkerung).
361- 364 n. Chr.: Es herrscht Ruhe an der Rheinfront; danach erneute Alamanneneinfälle
368/72 n. Chr.: Von Trier aus letzte Rheinüberquerungen eines römischen Kaisers (Valentinian I.) bei Mainz zum Kampf gegen eine alamannische Plündererbande, die den Rhein überschritten hatte, Mainz plünderte sowie einen Teil der wehrlosen Bevölkerung verschleppte und als Sklaven in Wiesbaden verkaufte; anschließend friedliche Einigung mit dem Alamannenkönig, der zum römischen Bundesgenossen wird
377/78 n. Chr.: wieder Alamannenüberfälle
388/89 n. Chr.: fränkische Einfälle in Nordgallien, die Arbogast erfolgreich zurückdrängt
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5. Jh. n. Chr.: Ende der römischen Zeit am Rhein ___________________________________________________________________________
ca. 406/7 n. Chr.: Vandalen, Quaden und Alanen (Teilstamm der Sarmaten s.o.) überschreiten den Rhein und sollen nach einer einzigen und fragwürdigen Quelle (Hieronymus in Bethlehem) u.a. Mainz verwüstet haben; sie ziehen weiter durch Gallien und Spanien, die Vandalen schließlich bis Afrika; andere Autoren, die darüber berichten, erwähnen weder die Stadt Mainz, noch nennen sie ein einheitliches Jahr.
Hieronymus benutzte diese Katastrophe, von der er gehört oder gelesen haben muss, in einem Brief (Nr. 123) an eine Witwe namens Acheruchia, die er von eine Neuverheiratung abhalten wollte, weil das Weltenende sowieso nahe sei (in Auszügen): "Über das Elend unserer Gegenwart will ich mich kurz fassen ... Mogontiacus (sic!), einst eine hochberühmte Stadt, wurde erobert und liegt zerstört, viele Tausende wurden in einer Kirche hingeschlachtet. Vangiones (Worms) fiel nach langer Belagerung..."
Archäologische Zeugnisse und vereinzelte schriftliche Hinweise zeigen allerdings, dass die römische Zivilisation und ein gewisser Wohlstand am Rhein trotz alledem noch etwa bis zur Jahrhundertmitte, als die Hunnen 451 bis nach Gallien vordrangen, irgendwie Bestand hatte. Danach endete die römische Herrschaft am Rhein.
486/7 besiegt der Frankenkönig Chlodwig den letzte "König der Römer" Syagrius und begründet damit die Frankenherrschaft im ehemaligen Gallien. Zehn Jahre später werden die Alemannen von den Franken geschlagen und danach können die Franken ihre Herrschaft bis an den Rhein ausdehnen.
Gs, erstmals: 25.07.05; Stand: 23.02.22