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Historischer Rundgang durch Sporkenheim


Autoren: Ernst Kähler und Hartmut Geißler
Fotos: Hartmut Geißler

Ergänzungen 2021 aus Mehlig, Sporkenheim im Wandel der Zeit


Wie weit westwärts die Sporkenheimer Höfe den Ingelheimer Orten vorgelagert sind, lässt sich auf der Rheinhessen-Karte Karte Brilmayers von 1905 erkennen:


Quer durch die Karte zieht sich die napoleonische Straße, die Route Charlemagne, mit der auch Sporkenheim rechtwinklig verbunden wurde. Die frühere kurpfälzische Landstraße ist gepunktet noch mit einem Bogen um Gau-Algesheimer Gebiet (Kurmainz!) dargestellt - heute nur noch stückweise erhalten.

Auffällig ist auch der viel ältere gradlinige Verbindungsweg (heute "Tulpenweg") von Sporkenheim in Richtung Ober-Ingelheim - wohl ein Zeichen für frühere Besitzzugehörigkeiten (s.u.). Bis zur Königsberger Straße ist er noch erhalten, dann aber durch die Neuparzellierung von Ingelheim-West völlig verschwunden.


Seit 2008 gibt es auch in Sporkenheim eine Informationsstele für einen historischen Rundgang mit Texten von Ernst Kähler, die auch auf dieser Webseite verwendet wurden.

Die Ziffern bedeuten:

1: Kirche "Hl. Herz Mariae"
2: Stelle des früheren Backhauses (nicht mehr vorhanden)
3: Reste einer alten Zehntscheune
4: Inschriftenstein
5: Spuren der Mauer einer romanischen Kapelle
6: Dorfkreuz

Der alte Ortskern mit den 6 Höfen (siehe unten lag nach einem Plan von 1807 (Geometer Michael Schröder) zwischen der Gaulsheimer Straße, Rheingaustraße, An den Gärten und Am Kloster.

Der Platz vor dem Kirchlein ist Ausgangspunkt für einen historischen Rundgang: Die Straßen „Am Kloster“, „Gaulsheimer Straße“, „Rheingaustraße“ und „An den Gärten“ begrenzen den alten Siedlungskern.


Hohe Wohn- und langgestreckte Stalltrakte zeigen dort giebel- oder traufständig die prägende Anordnung der früheren Ursprungsgehöfte an. Dazu gehören u. a. letzte bauliche Spuren von Backhaus und Zehntscheune (ohne Fotos).

Bild unten: Höfe an der Gaulsheimer Straße


Kostbarstes Denkmal Sporkenheimer Lokalgeschichte sind die „Am Kloster“ (Haus Nr. 4) erhaltenen Außenmauerpartien einer romanischen Kapelle, die in den Bau einer Scheune einbezogen wurden. Vielleicht sind das die Reste einer Kirche, die in einer Schenkungsurkunde von 1339 als Lokalisation für "eynen halben morgen ackers zu Sporkenheim hinder der Kirchen" diente (Baur, Urkunden III, S. 181).

Es ist das ehemalige Anwesen von Ambrosius Köhler:

In der Mauer dieses Anwesens, das vor einigen Jahren beeindruckend modern umgebaut wurde, diese Außenmauer aber erhalten hat, ist in Zweitverwendung ein Inschriftenstein verbaut worden. Es ist die Straßenecke "Am Kloster/Kapellenstraße". Dieser Sandstein soll aus dem 18. Jahrhundert stammen und seinerzeit den Sockel eines barocken Bildstockes mit der Figur des gekreuzigten Christus gebildet haben.

Die Inschrift ist heute kaum noch lesbar, wird aber nach Ernst Kähler so überliefert:

 

NICHT DAS CHREUTZ
WIEHR BETEN AN SONDERN
CHRISTUS DER FÜHR UNS
IST GESTORBEN DARAN
DIES CHREUTZ HAT AUFRICHTEN
LASEN MARTIN A[...]ER UND
[...]

Alte Reichsurkunden nennen den Ort „Spurchenheim“ und überweisen ihn ab 1128 in den Besitz des Mainzer Erzbistums. In dieser Periode formten sich aus dem einstigen Vorwerk des Ingelheimer Königsgutes sechs Gutshöfe, deren Grundanlage auf Karten und in der bestehenden Baustruktur teilweise noch nachvollziehbar ist.

Die Mainzer Rechte scheinen in der Zeit danach abgebröckelt bzw. verliehen worden zu sein. Neben adeligen Ministerialen (1140 ist ein "Gerlach von Ingelheim" aus Ober-Ingelheim als Besitzer erwähnt) war seit 1290 auch das Ober-Ingelheimer Nonnenkloster „Engelthal“ mit einem dieser großen Wirtschaftsanwesen ausgestattet.

Daher der heutige Straßenname "Am Kloster". Das Kloster wurde 1565 durch die kurpfälzische Reformation aufgehoben, der Sporkenheimer Hof eingezogen und wieder an andere Adlige vergeben, darunter an die Freytags (s. Epitaph in der Burgkirche).

Bedeutung hatte die Gegend zwischen Sporkenheim und Gau-Algesheim bis 1769 auch als Raststation für "ungarische" Aachen- Wallfahrer. Daran erinnern möglicherweise ein urkundlich überlieferter "Straßenborn", wohl am Rastplatz der Aachen-Wallfahrer, sowie der Flurname "Biljesgewann", vielleicht von "Bildchesgewann", d.h. eine Flur, wo damals ein "Bildchen", z. B. eine Kreuzigungsgruppe, als Andachtsbild stand. An diese Aachenwallfahrer erinnert seit 2016 eine Informationsstele mit einer Bank (gestiftet vom Sporkenheimer Alois Mehlig) am Radweg östlich des Schwimmbades.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gelang den Ingelheimer Grafen Erwerb und Vereinigung sämtlicher Hofreiten in Sporkenheim. Noch am 10. Oktober 1793 - die französischen Revolutionstruppen waren gerade zum ersten Mal abgezogen, um im nächsten Jahr wieder zu kommen - wurde dem Grafen Franz Karl Philipp von Ingelheim und seiner Gemahlin in Sporkenheim (und Gaulsheim) ein letztes Mal gehuldigt.

Nach erneuter französischer Besetzung kam es 1807 zur Versteigerung des adeligen Besitzes an die ehemaligen Pächter-Familien, die z.T. bis heute Sporkenheimer Höfe besitzen:

- Johann Fezer Vater und Sohn
- Michael Beck
- Johann Lang
- Gottfried Pitz
- Nikolaus Lang
- Kasimir Weiß.

Gemeinschaftlich blieben ein Hirtenhaus mit Hof und Garten sowie ein Backhaus (Rheingaustraße).

Zur französischen Katasterkarte Sporkenheims von 1812

Durch die Vereinigung Ober- und Nieder-Ingelheims mit Frei-Weinheim zur "Stadt Ingelheim am Rhein" im Jahre 1939 wurde auch Sporkenheim (als Teil Nieder-Ingelheims) ein Ortsteil der Stadt Ingelheim; es hat sich aber durch seine abgetrennte Lage seinen dörflichen Charakter lange erhalten.

Andreas Saalwächter beschrieb im Rheinhessischen Beobachter Nr. 13, vom 22 August 1920 (= BIG 9, 1958, S. 168-173) die Ortsstruktur nach einem Aktenbündel aus dem Jahre 1660. Daraus findet man auf einer Extraseite einige Aspekte.

Zur pdf-Datei des ganzen Aufsatzes


1946-1949
baute sich die Gemeinde ihr eigenes Gotteshaus "Heilig Herz Mariä" (der erste Kirchenneubau in der Diözese Mainz nach dem Zweiten Weltkrieg) und schuf damit zugleich eine besondere architektonische Zierde im heutigen Ortsbild (siehe hier).

 

Gs, erstmals: 12.03.06; Stand: 14.03.22