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Ermoldus: Die Ingelheimer Pfalz beim Taufbesuch von Heriold/Harald


Aus: Theodor Gottfried Martin Pfund: Lobgedicht auf Kaiser Ludwig. Ermoldus Nigellus. Berlin 1856 (online)
Zur inhaltlichen Interpretation dieses Bildprogramms siehe Lammers!

Autor: Hartmut Geißler,

nach einem Text zur Studioausstellung „Ludwig der Fromme in Ingelheim“, Museum bei der Kaiserpfalz, 14.10. bis 11.11.2001

Die Pfalz, die Pfalzkirche und die Aula Regia (Buch IV, 179-282= 2060-2165 Faral)

Drauf geht eilig nach Ingelheim selber der fromme Gebieter
  Friedlichen Weges dahin, mit ihm Gemahlin und Kind.
Nah ist gelegen der Ort an den Fluten des reißenden Rheines,
  Dem Ausstattung gewährt Garten und nährende Flur,
Wo sich ein Prachtbau zeiget von hundert Säulen getragen;
  Drinnen sind Gänge gar viel, manches Gelaß ist dabei.
Tausendfach kreuzen sich Gäng‘ und Wege, zu Tausenden Zimmer,
  Welche gefüget die Hand künstlicher Meister darin.
Dort ist ein Tempel des heiligen Gottes, geschmückt mit Metallen,
  Pfosten daran von Erz, aber die Thüren von Gold.
Gottes erhabenes Thun und die rühmliche Reihe der Männer
  Zeigt im Bilde sich drauf herrlich, so daß man’s erkennt.
Erst wie die frühesten Menschen, wohin Gott selber sie setzte,
  Wohnten in dir, Paradies, sieht man zur Linken der Thür.
Eva, das Herz ohn‘ Arg, wie zur Sünde sie locket der list’ge
  Drach‘, wie sie langt nach dem Mann, er nach der Speise dann selbst.
Wie sie beim Nahen des Herrn sich gehüllt ins Deckblatt der Feige,
  Und für den Frevel darauf bauen im Schweiße das Land.
Wie bei dem Erstlingsopfer aus Neid den Bruder sein Bruder
  Todt schlug, nicht mit dem Schwert, nein, mit der frevelnden Hand.
Dann geht weiter das Bild zu spätern unzähl’gen Geschlechtern,
  Nach ihrer Ordnung und Reih‘, lehrend was einstmals geschah.
Wie nach Verdienst auf der Erde die Sündflut rings sich gebreitet
  Wachsend, und alles Geschlecht stürzt‘ in Verderben zuletzt.
Wie durch Gottes Erbarmen nur wenige rettet die Arche
  Und des Raben Verdienst, deines, o Taube dazu.
Weiter dann sieht man des Abraham Thaten, und seines Geschlechtes,
  Joseph, die Brüder mit ihm und auch des Pharao Thun.
Dann wie Moses befreiet sein Volk von ägyptischer Knechtschaft,
  Wie Aegypten verdirbt, Israel wandert hinweg,
Und das Gesetz, das gegeben der Herr und geschrieben auf beiden
  Tafeln, der Quell aus dem Fels, Speis‘ aus den Lüften herab.
Und wie das gastliche Land, das so lange verheiß’ne, beschert wird,
  Dort wo der gütige Fürst Christus erstanden dem Volk.
Ferner dann stellt der Propheten und Könige mächtige Schaaren
  Dar das Bild und zugleich glänzt ihr gepriesenes Thun,
Davids Werk mit Salomo’s Thaten, des mächtigen Fürsten,
  Und auch der Tempel, gebaut unter der Hilfe des Herrn.
Weiter die Führer des Volkes, wie tüchtig und groß sie gewesen,
  Und die berühmtesten dann unter den Priestern und Herrn.
Christi Werke des Lebens enthält dann die andere Seite,
  Die er, zur Erde gesandt von dem Erzeuger, vollbracht.
Wie zu dem Ohre Maria’s zuerst sich der Engel herabläßt
  Und wie Maria nun spricht: "Siehe, die Jungfrau des Herrn."
Christi Geburt, die so lange die heil’gen Propheten im Geiste
  Schauten vorher, und der Gott liegend in Windeln gehüllt.
Und wie vernehmen die Hirten des Herren heil’ge Befehle,
  Dann wie die Magier Gott wurden gewürdigt zu sehn.
Und wie Herodes in Wuth, weil er meinet, Christus verdräng‘ ihn,
  Mordet die Knaben, dem Tod wurden sie deshalb geweiht.
Wie nach Aegypten dann Joseph entkam und den Knaben errettet
  Und wie der Knabe dann wuchs, und wie gehorsam er war,
Wie nach der Tauf‘ er verlangt, er, welcher gekommen, um alle
  Durch sein Blut zu befrei’n, welche verloren so lang‘.
Wie dann Christus als Mensch auch die härtesten Fasten ertragen,
  Wie er mit treffendem Wort hat den Versucher besiegt,
Wie er gelehret die Welt mit den heiligen Gaben des Vaters,
  Bringend den Kranken sodann wieder in frühere Kraft.
Wie er sogar die gestorbenen Leiber von Neuem belebte,
  Wie er den Teufel besteht und ihn am Ende verjagt.
Wie durch Judas rohen Verrath und den grimmigen Pöbel
  Er, ein Gott, wie der Mensch selber zu sterben begehrt.
Wie er dann auferstanden den eigenen Jüngern erschienen,
  Und vor den Augen der Welt stieg in den Himmel als Gott.
Künstlich erfüllt ist die Halle des Herrn mit solcherlei Bildern,
  Reichlich mit künstlicher Hand, wie sich’s gebühret, geschmückt.

Bis hier (IV, 244 = 2125) die Beschreibung der Kirche,
ab hier (IV, 245 = 2126) die Beschreibung der Aula regia:

Aber des Königes Haus erglänzet von mancherlei Bildwerk,
  Menschliche Thaten gar groß preisend mit geistvoller Kunst.
Cyrus Werke verkündet’s, und auch aus den Zeiten des Ninus
  Vielerlei Schlachten, dazu manche gewaltige That.
Hier ist zu schau’n, wie des Königes Wuth an dem Strome sich ausläßt,
  Rächend zuletzt noch den Tod seines so theueren Pferds.
Dann im frevelnden Muthe bekriegt er die Länder des Weibes,
  Die im Schlauche voll Blut wälzte den Kopf ihm dafür,
Nicht auch vergaß man des Scheusals Phalaris schändliche Thaten,
  Wie er mit grausiger Kunst tödtet das trotzige Volk.
Wie dann jener Perillus, der Schmied in Gold und in Erze,
  Sich ihm gesellet, der Thor trotz seiner Bosheit, und ihm
Schmiedet aus Erz mit trefflicher Kunst einen Stier, wo der Wüthrich
  Menschen mit Leibern von Gott sollte verbrennen in Glut.
Aber ihn selber verschloß der Tyrann im Bauche des Stieres
  Und es bereitet die Kunst selber dem Künstler den Tod.
Wie dann Romulus Rom hat gegründet vereint mit dem Remus
  Und mit der frevelnden Hand jener den Bruder erschlug.
Wie dann Hannibal, stets an grausige Kriege gewöhnet,
  Selber des eigenen Aug’s ward in denselben beraubt,
Und Alexander im Kriege den ganzen Erdkreis erobert,
  Und wie die römische Macht wuchs zu dem Himmel hinan.
Aber am anderen Theile des Hauses erblickt man der Väter
  Thaten und die schon gerückt näher dem Glauben an Gott.
Dem, was gewirket die Herrn der erhabenen römischen Weltstadt,
  Schließen die Franken sich an mit ihren Thaten so stolz.
Konstantin erst, der Rom aus eigener Neigung verlassend
  Konstantinopel sich hat selber gegründet als Sitz.
Dort ist auch Theodos, der Glückliche, sichbar im Bildniß.
  Seiner Heldengestalt findet sein Werk sich gesellt.
Karl, der älteste, dann, der Besieger der Friesen im Kriege,
  Zeigt sich im Bilde, dazu was er vollbracht mit der Faust
Du, Pippinus, erscheinest im Glanz, Aquitaner beherrschend,
  Welche als Liebling des Mars dieser zum Reiche gefügt.
Karl, der Weise, dann bietet dem Blick die offenen Mienen,
  Hoch mit der Krone geziert trägt er voll Würde das Haupt.
Drüben da stehet das sächsische Heer, zum Kriege gerüstet,
  Aber er schlägt und bezwingt und unterwirft sie dem Reich.
Jener Wohnsitz glänzet von diesen und ähnlichen Werken,
  Schon ihn zu sehen erquickt, wer ihn erblicket wird froh.

Digitalisat des gesamten lateinischen Textes in den MGH

 

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Gs, erstmals: 13.10.09; Stand: 17.04.21