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Die Unterschriftenaktion zur Legitimation des Anschlusses an Frankreich April/Mai 1798

 

Autor: Hartmut Geißler
nach Kneib 1981 und Dumont 1983


Nachdem Napoleon durch die Siege in Ober-Italien 1797/98 den österreichischen Widerstand gebrochen hatte, fiel ihm auch das ganze linke Rheinufer zu. Es wurde danach in die Verwaltungsgliederung der Republik einbezogen, mit Departements, Arrondissements und Kantone. Da aber eine völkerrechtliche Anerkennung des Anschlusses an Frankreich noch ausstand, wollte die Pariser Regierung dem faktischen Anschluss ein demokratisches Mäntelchen umhängen und ließ den Regierungskommissar Rudler für die vier neuen Departements Donnersberg, Saar, Rhein und Mosel, Roer Unterschriftenaktionen  ("Reunionsadressen") durchführen, bei denen die dazu mehr oder minder genötigte Bevölkerung den Anschluss an Frankreich "forderte".

Kneib beschreibt das im Detail für Zornheim und Dumont für den Kanton Nieder-Olm insgesamt. Entsprechende Quellen für den neu geschaffenen Kanton Ober-Ingelheim fehlen, sodass hier ersatzweise die Vorgänge in Nieder-Olm zitiert werden (Dumont, S. 163):

Unter der Überschrift: „Wunsch für die Vereinigung, geäußert von den Einwohnern der verschiedenen Gemeinden des Kantons Nieder-Olm" erklärten die meisten Orte, sie seien stolz auf die bereits 1793 beschlossene Reunion; umso mehr bedauerten sie es, daß sich „mehrere ihrer benachbarten Gemeinden noch nicht mit gleicher Auf- und Annahme" brüsten könnten; ja sie litten darunter, daß derzeit noch alle Bewohner des Linksrheinischen, „die neulich erst von dem schimpflichen Despotismus durch die Tapferkeit der republikanischen Schaaren befreyt wurden, als Minderjährige angesehen" würden. Die Nieder-Olmer erklärten ihren einstimmigen Wunsch, „den Besitz des grösten aller Vorzüge zu erhalten, (nämlich) in jeder Hinsicht als AktivBürger angesehen und behandelt zu werden und der Vortheile einer republicanischen Regierung, der Verfassung des dritten Jahres gemäß, zu genießen". Die Pariser Regierung, so hieß es weiter, werde doch nicht zulassen, „daß Männer, voll des heiligen Freiheitsfeuers, voll der Liebe zur alles beglückenden Gleichheit wieder unter das unwürdige Joch des Despotismus ihren Nacken beugen" müßten. Abschließend appellierten die Unterzeichner an Frankreich, „das Glück künftiger Generationen zu sichern" und den Nieder-Olmern „unwiderruflich durch eine endlich bestimmte Vereinigung den Titel eines französichen AktivBürgers" zuzugestehen.

Kneib stellte die Abstimmungsergebnisse aller Kantone im späteren Rheinhessen zusammen:

Die zustimmenden Unterschriften fielen also sehr unterschiedlich aus, je nachdem die von Mainz gesteuerten "Revolutionsfreunde" die Bevölkerung beeinflussen konnten. Die Ergebnisse des Kantons Ober-Ingelheim lagen im Mittelfeld der rheinhessischen Ergebnisse.

Das Departement Donnersberg insgesamt lag mit 39,4 % weit an der Spitze der vier neuen Departements, wohl wegen der größeren Nähe zu Mayence/Mainz (Saar: 22,3 %, Rhein und Mosel: 5,7 %, Roer: 9.9 %).

Von diesen historischen Erfahrungen her erklärt sich wahrscheinlich der linksradikale, revolutionäre Ruf der "Donnersberg-Fraktion" in der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49.

 

Gs, erstmals: 01.08.16; Stand: 02.12.17